♥ Weibliche Wege. Der Tanz, Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett „Tanzen bringt die Frau zurück in ihren Körper. Sie wird immer sensibler für seine wahren Bedürfnisse und Empfindungen und spürt ihn auf eine vollkommen neue und zugleich uralte Weise. Jede Zelle wird lustvoll erweckt und beginnt glückselig zu schwingen. Das deutsche Wort „Weib“ stammt wahrscheinlich vom indogermanischen „veib“ ab, was so viel wie „umhüllt“, „drehend“, „schwingend“ bedeutet.
Die Herkunft des Wortes scheint also auf das alte Wissen hinzuweisen, dass die Frau – das Weib – und der Tanz untrennbar miteinander verbunden sind, dass Tanzen ihrer Wesensnatur innewohnt. Weiber sind per se Tänzerinnen, Schwingende, Drehende, sich Umhüllende.“ (S.54, Heide-Marie Heimhard, Sacred Woman, 1. Auflage, 2018, Vivita) „Tanzend drückt die Frau die Verehrung des heiligen Schlangenprinzips aus. Schlangengleich windet sie sich um ihre Achse. Die Achterfiguren fördern die Geschmeidigkeit der Wirbelsäule. Dabei können sich auf sanfte, aber effektive Weise Muskelverspannungen und Blockaden lösen. Die schlängelnden, spürbewussten Bewegungen aktivieren die Lebens- und Sexualenergie. Auch die rhythmischen Figuren wie das Schütteln entfachen das Feuer im Becken und lassen die dort entspringende Schlangenkraft aufsteigen. Die vielfältigen Figuren des Tanzes folgen ganzheitlichen Abläufen und stärken auf genussvolle Weise das weibliche Energiesystem und erweitern das Bewusstsein.“ (S.60, Heide-Marie Heimhard, Der Tanz der weiblichen Seele, 1. Auflage 2016, Vivita) „Der weibliche Körper unterscheidet sich vom männlichen dadurch, dass in ihm der Hauptstrom der Energie aus der Erde von unten nach oben und von dort aus nach innen fließt. Diese Energie ist also eine zentripetale, eine nach innen ziehende Kraft. Auch die Seele der Frau wird durch die Verdichtung der Energien in ihrem Inneren genährt….Der Tanz des Beckens zelebriert die nach innen ziehende Kraft des Weiblichen. Bewegung und Energie fließen von außen nach innen. Durch die spiralig gewundenen Achterbewegungen schöpft die Frau Energie und verinnerlicht diese.“ (S.61-62, Heide-Marie Heimhard, Der Tanz der weiblichen Seele, 1. Auflage 2016, Vivita)
Warum gerade ich, warum gerade jetzt? Ich arbeite als Hebamme dicht an den Rhythmen und Zyklen des Lebens. Dabei lerne ich selbst meinen eigenen Lebens-Rhythmus kennen, der wechselnd aus „nach-aussen-Gehen“ und „nach-innen-Gehen“ besteht – und manchmal auch aus tiefer Stille und Ruhe. Letztes nenne ich die Winterruhe – den Rückzug in die Bärenhöhle, um Kräfte zu sammeln. Anhand unseres Menstruationszyklus können wir diese Phasen des „nach-aussen-Gehens“ zum Beispiel in den Tagen des Eisprungs und des „nach-Innen-Gehens“ in den Tagen vor und während der Blutung spüren. Während der Menstrutation ist die Sensibilität und Durchlässigkeit gesteigert, es geschieht eine Entschleunigung. Wir können diese Zeit als Geschenk annehmen, in uns tiefer einzutauchen. Der Menstruationszyklus wiederum ist, wenn er (wieder) natürlich vor sich hin laufen darf, mit den Mondphasen verbunden. Wir können nach einer Weile (bei ungestörtem Zyklus) beobachten, dass es zum Beispiel eine Übereinstimmung zwischen abnehmendem Mond – Neumond und der Blutungszeit gibt. Und auch in der Natur – in den Jahreszeiten -gibt es den Zyklus im größeren Sinn: Frühling bringt den Neubeginn – Sommer bringt die Fülle und Reife – Herbst bringt die Ernte und den Beginn des Sterbens in der Natur – Winter bringt die Ruhe und Sammlung der Kräfte bis alles im Frühling wieder neu beginnt… „Ein weiterer Zyklus, der großen Einfluss auf den Körper und das weibliche Bewusstsein hat, ist der des Mondes. Menstruations- und Mondzyklus stehen in enger Beziehung zueinander, denn der synoptische Monat, die Dauer von einem Neumond zum nächsten, betägt 29,27 bis 29,83 Tage, was der durchschnittlichen Länge eines Menstruationszyklus sehr nahe kommt. Ein Mondmonat beginnt mit dem Neumond und erreicht seine Mitte, seinen Höhepunkt bei Vollmond. Der Mond hat Einfluss auf die Gezeiten des Meeres ebenso wie auf die Gezeiten des weiblichen Körpers und Bewusstseins. Frauen, die am Meer oder in der Natur leben, haben ihren Eisprung meist bei Vollmond.“ (S. 110-111, Heide-Marie Heimhard, Der Tanz der weiblichen Seele, 1. Auflage 2016, Vivita) „Auch der Neumond entfaltet starke Energien. Der Körper entgiftet, regeneriert und erneuert sich in der abnehmenden Mondphase und zu Neumond besonders intensiv. Dies ist auch der optimale Zeitpunkt für einen Neubeginn jeglicher Art. Viele Frauen erleben einen starken Sog nach innen – vor allem, wenn der Neumond von der Menstruation begleitet wird. Nichts zu tun, sich tief in sich selbst hineinfallen zu lassen und einfach nur zu sein ist dann eine Wohltat.“ (S.113, Heide-Marie Heimhard, Der Tanz der weiblichen Seele, 1. Auflage 2016, Vivita) Eine Schwangerschaft nach dem Mondkalender mit 28 Tagen berechnet dauert 10 Mondmonate, nach dem üblichen Kalender mit 30 oder 31 Tagen berechnet dauert 9 Monate. (Der Kalender in alter Zeit (Weltbild der Großen Göttin) war lunar, in enger Verbindung zwischen Mond und Weiblichkeit, dem Menstruations- und Mondzyklus. Das Jahr wurde danach berechnet und hatte dreizehn Monate statt zwölf Monate. So galt die Dreizehn als heilige Zahl der Großen Göttin.) „Das Weltbild der Großen Göttin ist das älteste der Menschheit. Von den Höhlen Alteuropas bis hin zu den Mysterienkulten des Römischen Reiches stand jahrtausendelang eine weibliche Gottheit im Zentrum. Sie war der Dreh- und Angelpunkt des Alltagslebens und des weiblich geprägten religiösen Ritus. Dieser war unmittelbar mit den Prozessen des weiblichen Körpers und dem Kreislauf der Jahreszeiten verbunden. Die Große Göttin, der Körper der Frau und die Erde als Mutterplanet bildeten eine Trinität. In ihr gab es noch keine Aufspaltung in Hell und Dunkel, Gut und Böse. Alles hängt – sich untrennbar ergänzend – mit allem zusammen. Die Göttin wird als die allumfassende, überpersönliche Kraft, aus der das Universum erschaffen wurde, erkannt. Alles entspringt ihrer fruchtbaren Leere und kehrt wieder zu ihr zurück. So verkörpert sie auch das Mysterium des Lebens und des Sterbens.“ (S.37, Heide-Marie Heimhard, Der Tanz der weiblichen Seele, 1. Auflage 2016, Vivita) Zur Vertiefung in dieses Thema findet sich ausreichend Literatur zum Beispiel von Heide-Marie Heimhard, Angelika Aliti, Christiane Northrup, Gabrielle Roth, Penelope Shuttle, Peter Redgrove, Jutta Voss, Gertrude R. Crossier, Marija Gimbutas, Rose Sharron….u.v.m. „Eine Geburt fängt mit der Vorbereitung auf diese an. Tanz ist eine wundervolle Geburtsvorbereitung. Viele Frauen kommen so zum ersten Mal in Kontakt mit dem uralten Beckentanz. Das Kreisen und Wiegen des Bauches im eigenen Rhythmus und Temop – spürbewusst angepasst an die unterschiedlichen Stadien der Schwangerschaft – ist für viele eine Wohltat und pure Freude. Die Intimität zum Ungeborenen wächst und Mutter und Kind können ganz in diesem paradisieschen Zustand der Einheit aufgehen. Eine gelungene Kommunikation zwischen beiden beeinflusst auch den Verlauf der Geburt. Doch selbst wenn eine Schwangerschaft schwierig ist, kann die Frau durch das Tanzen stabilisiert werden. Wie auch immer sie die Symbiose mit ihrem Kind erlebt, es ermutigt sie darin, das wahr- und anzunehmen, was sich zeigt, weil es ihr die dafür nötige Kraft gibt.“ (S.129, Heide-Marie Heimhard, Der Tanz der weiblichen Seele, 1. Auflage 2016, Vivita) „Geboren wird nicht nur das Kind durch die Mutter, sondern auch die Mutter durch das Kind.“ (Zitat von Gertrud von LeFort, 1876-1971) Bei der Geburt befinden sich die Frauen in der Gebärtrance, die sie mit dem schöpferischen Strom verbindet, der durch ihren Körper fließt und sie intuitiv leitet. Wie Lavaströme oder urgewaltige Wellen öffnen die Wehen den Körper der Frau und sie bewegt ihr Becken in spiraligen Bewegungen, während sich das Baby durch den Geburtskanal schiebt. Je vertrauensvoller sie sich diesem Geschehen hingibt, umso leichter und ekstatischer ist die Geburt. Wird sie jedoch in ihrer Trance gestört, kann die Verbindung zu dem schöpferischen Energiestrom unterbrochen werden. Sie verliert das Vertrauen in den Gebärprozess und gerät schneller in einen Zustand der Angst. Ihr Körper spannt sich unwillkürlich gegen das Geburtsgeschehen an, so dass es dann eher als schmerzhaft erlebt wird. Die Menstruation mit ihrem wehenähnlichen Geschehen in der Gebärmutter wird auch als kleine Geburt bezeichnet; die menstruelle Trance mit ihrem Sog nach innen bei gleichzeitiger Sammlung ist sehr verwandt mit der Gebärtrance. Von daher ist der Erfahrungsschatz, den Frauen sammeln können, wenn sie ihre Menstruation naturbelassen leben, auch sehr hilfreich für die Geburt.“ (S.127, Heide-Marie Heimhard, Der Tanz der weiblichen Seele, 1. Auflage 2016, Vivita) Was ist Trance? Laut Wikipedia eine Sammelbezeichnung für veränderte Bewussteinszustände mit einem intensiven mentalen Erleben. In Abgrenzung zum gewöhnlichen Wachbewusstsein sind diese Zustände durch folgende Merkmale gekennzeichnet:eine hochfokussierte Konzentration auf einen Vorgang, bei gleichzeitiger sehr tiefer Entspannung, eine Ausschaltung des logisch-reflektierenden Verstandes. Trancezustände können willentlich (bspw. visuelle Imagination im Tagtraum, Selbsthypnose, schamanische Techniken), durch zugelassene Fremd-Suggestion (Hypnose), andauernde Aufmerksamkeit auf eintönige Reize (bspw. Vigilanz, mentale Vertiefung, Orgasmus) oder durch Erkrankungen und Drogen ausgelöst werden. Von den beiden letztgenannten Trancen abgesehen, sind der Wille und ein spezieller Auslöser notwendige Bedingungen zum Entstehen von Trancen. Jede Trance ist in unterschiedlich starker Intensität mit einer Einengung des Bewusstseins verbunden: Die Sinneswahrnehmungen und das Gefühl der persönlichen Identiät – das Ichbewusstsein – werden vorübergehend eingeschränkt oder ausgeblendet. Als Trance gilt im Vergleich zur weiten, panoramaartigen Achtsamkeit genau genommen jede fokussierte und damit begrenzte Aufmerksamkeit. Die verstärkte Fokussierung der Aufmerksamkeit auf bestimmte Aspekte des sensualen Erlebens geht, je nach Tiefe des Trancezustandes, mit einer schwach oder stark herabgesetzten Wachheit einher. Auch bei verschiedenen Tätigkeiten wie Sport, Liebesspiel, Beschäftigungen, die ebenfalls eine hohe Konzentraion erfordern, sowie in (psychische) Extremsituationen können tranceähnliche Bewusstseinszustände auftreten. Bei allen tranceähnlichen Bewusstseinszuständen die weder durch eine Droge induziert noch traumatisch erzeugt ist, werden mehrfach und schleifenartig bestimmte Reizmuster wiederholt. Eine Trance wird mit einer höheren Anzahl von Wiederholungen tiefer. Die meisten Reize stützen sich auf repetitive, sprachliche und rhythmische Sinnesreize und Bewegungen, wie Trommelmusik, Tanzen, Gesänge, Mantren… Was bedeutet Hexe? Ich war vielleicht 12 Jahre alt oder etwas jünger, als mir in der Bücherei die Geschichte eines junges Mädchens, das in die Mühlen der Hexenverfolgung geraten war, in die Hände fiel. Ich war erschüttert. Ausflüge zu rheinischen Burgen und Schlössern schlossen für mich mit einem Besuch der Folterkammer ab, mehr zu meinem seelischen Unwohlsein, aber – ich musste begreifen, was das bedeutete. Ich folgte dem Thema mal mehr, mal weniger intensiv, je nach Lebensphase. In der Hebammenausbildung hatte mich das Thema wieder – aus irgendeinem Grund wurde die Hebamme mit der Inquisition in Verbindung gebracht. Und ich begab mich auf die Spur, zu erkunden und zu ergründen, was dahintersteckte und warum es zu solchem Wahn kommen konnte. Vor ein paar Jahren wurde es „ernst“; die Diakonie der evangelischen Kirche in meinem Gebiet zeigte Interesse an einer Rehabilitation der Opfer der Hexenverfolgung und kam auf mich zu. Mit einer Gruppe interessierter Menschen folgten wir den historischen Spuren der Menschen, die in unserem Gebiet einem größeren Prozess zum Opfer gefallen waren. Wir konnten damals gemeinsam mit der Diakonin einen Weg des Gedenkens gehen, an den Stationen des Wirkens und des Abschieds dieser Menschen entlang. Dann wollte ich erstmal nichts mehr davon wissen – es gehört Mut dazu, sich diesem Schrecken wirklich zu stellen, und den hatte ich nicht immer. Zu diesem Zeitpunkt ist mein Mut wieder zurückgekehrt und das Thema der Hexe bzw. der europäischen Schaman/in kehrt wieder und diesmal aus einem anderen Blickwinkel. G.R. Croissier schreibt in ihrem Buch „Psychotherapie im Raum der Göttin“, 2007, Verlag Pomaska-Brand GmbH, Schalksmühle, S. 304- 313: „Die Wurzeln der Hexentradition liegen in der Alten Religion der Großen Göttin, wie sie uns insbesondere aus Kleinasien und dem Mittelmeerraum überliefert ist. Sie reichen zurück bis zu den altsteinzeitlichen Höhlen- und Begräbniskulten, die immer auch Wandlungskulte waren: Die Menschen der Altsteinzeit begruben ihre Toten in Höhlen, dem Leib der Großen Mutter, aus dem heraus sie wiedergeboren wurden. Sie wurden in Ost-West-Richtung, entsprechend dem Lauf der unter- und wieder aufgehenden Sonne, in Embryonalstellung gebettet und mit rotem Ocker bestreut, der Farbe von Blut, von Tod und Geburt. Die große Mutter, wie sie von den Menschen der Alten Religion, den mittelalterlichen Hexen und den heuten hexischen Frauen verehrt wurde und wird, ist die Universelle Kraft von Werden und Vergehen. Die Hexe ist ihre Mond-Priesterin und sie ist Repräsentantin der Göttin auf Erden. Als Tochter der Großen Mutter ist sie – wie jede Frau – Verkörperung der Weiblichen Mysterien von Tode und Erneuerung. Sie verkörpert das Wandlungsereignis: Geburt, Tod und Wiedergeburt, den Kreislauf des Lebens. Das Leben als Rhythmus, als ewige Spirale von Aufgehen, Erblühen und Untergehen, als Einheit in der Zwillingsgestalt von Leben und Tod, dies ist der spirituelle Kern der Urreligion der Göttin und der sich hieraus entwickelnden Hexenkulte. Im Zentrum des Kultes steht daher die Göttin als Mutter allen Lebens. Die kultischen Feste der Hexen; sie waren freudvoll, sinnlich, erotisch, bewegt und zuweilen auch ekstatisch. Wo das Göttliche in der Materie, in der Schöpfung, im Leben erkannt und geheiligt ist, da regiert Freude und Fülle. Meistens bei Vollmond oder Neumond oder zu anderen Anläss im Jahreskreis, trafen sich Frauen und Männer, um das uralte heilige Ritual, das Mysterium des Lebens als die Wandlung von Tod in Erneuerung zu feiern. Sie trafen sich in kleinen Gruppen – den Koven mit 13 Personen – an abgelegenen Orten in der Wildnis, auf Bergen oder in Tälern, in Wäldern oder auch in Höhlen. Rhythmisches Atmen, Trommeln und Rasseln, Tanzen, Tönen und rhythmisches Rufen, Schreien, Singen verstärken die Energie und helfen die Grenzen des alltäglichen Bewusstseins zu erweitern. Die Elementar-Geister von Feuer, Wasser, Luft und Erde werden gerufen. Tier-Geister, als die Kollektivseele der Tiere, sowie die Kraft der Ahninnen und Ahnen werden eingeladen am Ritual teilzunehmen. Die Kraft der Göttin oder des Gottes werden gerufen. Tiere sind schon immer starke Verbündete von hexischen Frauen und Männern, zum Beispiel Rabe und Eule sowie Muttertiere wie Katze und Kröte. Die Erfahrung Heiliger Ekstase und Einswerdung mit der angerufenen göttlichen Macht führen zum Höhepunkt des Rituals: er Wandlung. Nur im Zustand des Berührtseins durch das Göttliche steht die Kraft der Wandlung als Heilkraft zur Verfügung. Hexenkult ist immer Wandlungskult. Die Göttin von Werden und Vergehen ist selbst die Große Wandlerin. Und wie die Mutter so ist auch die Tochter, die Hexe, Wandlerin und stetig sich selbst Wandelnde. Wandlung der Schatten-Kräfte ist die eigentliche Heilungsarbeit und ist Ziel und Höhepunkt des Rituals. Heilungsenergie kann akiviert werden für die Frauen und Männer im Kreis, aber genauso auch für Pflanzen, Tiere, Freunde und Verwandte und für die Heilung der Erde. Hexe, die Frau an der Grenze des Bewusstseins; Heilsamer Hexenkult ist ekstatisch, sinnlich, wild und schöpferisch und steht grundsätzlich immer im Dienste des Lebens, Die spirituelle Tradition der Hexen hat mit Einheitsbewusstsein, mit Verantwortung für die Natur und mit Freude zu tun. Kaum ein Begriff aber wurde und wird so widersprüchlich, so verzerrt, so unwissend und entwertend gebraucht wie das Wort „Hexe“. Das Wort Hexe, eine Ableitung aus Häxe-Hagse-Hagazussa, ist altnordisch und bedeutet sinngemäß: diejenige, die auf dem Hag, der Umzäunung, dem Gesträuch sitzt oder reitet. Die Hexe ist die „Zaunreiterin“, die Reiterin auf dem Hag. In neolithischen Siedlungen war der Hag – häufig aus Dornengesträuch errichtet – die Umzäunung, welche die geordnete, beschützte Welt der dörflichen Siedlung begrenzte. Außerhalb lag die unbefriedete Welt: der Wald, die Wildnis. Diese andere Welt außerhalb des Hag war unbekannt und damit bedrohlich. Aus ihr näherte sich das Fremde, Gefährliche und Feindliche, andere Stämme und wilde Tiere. Und die Gefahr kam vor allem in der Dunkelheit der Nacht. Die Hexe als Hagazussa, als Zaunreiterin, war nun eine Frau, die Teil hatte an beiden Welten: Sie gehörte zur geordneten, sicheren, überschaubaren Welt des Dorfes, aber genauso gehörte sie zur Wildnis, dem Unbekannten, Dunklen und Verborgenen. Sie war und ist damit die Frau „zwischen den Welten“, wie Hans Peter Duerr sie nennt. (Hans Peter Duerr, in „Traumzeit, über die Grenze zwischen Wildnis und Zivilisation“, Frankfurt 1982, S.62) Damit, als Frau zwischen den Welten, ist die Hexe Mittlerin zwischen: der zivilisierten Welt und der Wildnis, dem Lichten und dem Dunklen, der mittleren Alltagswelt und den Unter- und Oberwelten, der irdischen Welt und der kosmischen Welt, dem personalen Ich und dem transpersonalen, ganzheitlichen Selbst, dem Alltagsbewusstsein und dem erweiterten Bewusstsein. Als Frau an der Grenze zwischen personalem und transpersonalem Bewusstsein ist die Hexe Reisende durch die multi-dimensionalen Ebenen der Bewusstseins-Räume. Sie war und ist die alten Schamanin Europas, sie ist Seherin und Heilerin, Priesterin und Verkörperung der Großen Mutter. Die Hexe hatte Zugang zur Anders-Welt, dem Nicht-Sichtbaren, dem Bedrohlichen, deshalt wurde sie selbst zum Anderen, zum Dunklen und Bedrohlichen. „Man versuchte also die hagazussa vom Zaun zu verscheuchen, sie von der Grenze der Kultur in die Wildnis, von der Dämmerung in die Nacht zu jagen.“ (Duerr, 1982, S.65) Aus der dörflichen Gemeinschaft mehr und mehr verstoßen, lebte sie allein und ausgegrenzt in der Wildnis. Nun ausschließlich dem Unbekannten und Wilden zugehörig, wurde sie zur Wald-Frau und schließlich zur „bösen Hexe“. Ihr Ende war Verfolgung, Folter und Tod. Die Hexe aber, die Wandlerin, sie ist zurückgekehrt. Im Seelenraum zahlreicher Frauen wirkt sie im Verborgenen. Als Heilerin, Hebamme, transpersonale Therapeutin, Ärztin und in zahlreichen anderen Erscheinungsformen kommt sie immer mehr ans Licht. — …denn nicht wenige Frauen tragen -bewusst oder unbewusst – Erinnerungsspuren und Bilder aus der Zeit der Hexenverfolgung in ihrer Seele. Solche inneren Bilder sind Abbilder äußerer Wirklichkeiten, wie ich immer wieder betone. Sie wollen erkannt, angenommen, verstanden und erfühlt werden; erst dann können sie sich wandeln. Gerade im verdrängten Hexenthema ist große weibliche Schöpfungs-Macht gebunden. In einem transpersonalen Heilungsprozess kann die Kraft der Schatten-Hexe befreit und dem Leben zur Verfügung gestellt werden. Es ist mir an dieser Stellte daher ein Anliegen, sowohl einen historischen Überblick als auch einen inneren Verständniszusammenhang für die Entstehung des mittelalterlichen Hexenbildes und den kollektiven Wahn der Hexenverfolgung zu geben. Ein Verständnis der Geschichte des Weiblichen im Patriarchat kann Frauen helfen, sich mit ihren Beschädigungen besser zu verstehen, sie anzunehmen und zu heilen…“(S. 358).
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